Autor Thema: Moralische Entscheidungen  (Gelesen 3824 mal)

Soronume

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Moralische Entscheidungen
« am: 10. Januar 2016, 01:00:26 »
Ich habe gerade mal wieder den Herrn der Ringe gehört (eines der Hörbücher die bei mir ständig laufen ^^) und bin an der Geschichte mit Denethor und Beregond (der Wachposten, der Denethor davon abhält Faramir zu verbrennen) hängengeblieben.
Aus Spielerperspektive ist Beregond in einem Handlungsdilema, Pflicht und Treue gegen seinen Dienstherren und Liebe und Treue gegenüber einem Anführer.
Das ist etwas das ich gerne in meine Düsterwald Kampagne einbauen würde, Spieler vor eine schwerwiegende Frage nach der richtigen Handlungsweise zu stellen. Allerdings möchte ich es nicht zu erzwungen wirken lassen und bin daher auf der Suche nach Ideen um vielleicht eine davon mal einzubauen. Hat da jemand schon Erfahrungen im Düsterwald Setting, die er teilen kann, oder spontane Ideen um mich zu inspirieren?

EvE

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Re: Moralische Entscheidungen
« Antwort #1 am: 11. Januar 2016, 13:34:40 »
Eine solche Situation sollte man vielleicht nicht unbedingt mit Absicht herbeiführen. Sie geschehen, zumindest bei uns in der Gruppe, oft von ganz allein und ich kann nicht behaupten, dass sie immer unbedingt befriedigend für jede Partei enden. Voraussetzung für solch, aus meiner Sicht hochkarätiges Rollenspiel, sind die passenden Spieler und eine ausreichende Empathie ihrerseits. Wenn es nur um die nackte Moralfrage geht, ist auch das stark abhängig von den Charakteren und deren Positionen in der Gruppe.

Geht es zum Beispiel darum, dass ein Spieler einen Gefangenen töten will, die anderen in der Gruppe aber dagegen sind, sollten die Spieler sich "an die Gurgel gehen" ohne dass sich der Spielleiter einmischt. Der Konflikt innerhalb der Gruppe ist doch dann richtig spannend. Auch mögliche NSC können Stellung beziehen etc. Richtig krass wird es, wenn eine solche Situation vom Spielleiter herbeigeführt wird, in dem ein NSC "durchdreht". So stellt man die Spielercharaktere auf eine harte Probe.

"Ein Zwerg zieht sich niemals zurück - er nimmt nur Anlauf"
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Soronume

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Re: Moralische Entscheidungen
« Antwort #2 am: 14. Januar 2016, 21:17:22 »
Ich habe jetzt für den nächsten Abend etwas in der Art gefunden, die ich meinte.
Meine Helden müssen für eine Rettungsaktion in den Düsterwald, dabei allerdings die Wege verlassen. Da sich keiner von ihnen in diesem Teil des Waldes auskennt, habe ich einen NPC der sich als Führer anbieten wird. Dieser ist allerdings hochgradig unsympatisch und zu hat zu einem unbekannten Teil Orkblut in den Adern.
-zunächst einmal ist es also die Frage ob sie ihre Vorurteile überwinden und sich in die Hände dieses NPCs begeben. Wenn sie das tun und sich eine Gelegenheit ergibt, wird dieser NPC während der Reise in Schwierigkeiten geraten und sie werde sich fragen müssen, ob sie bereit sind ein Risiko ein zu gehen, um einen Halbork zu retten, der ihnen bis dahin, wenn ich es richtig anstelle, verhasst sein wird. Allerdings jemand, der ihnen freiwillig und ohne eigenen Nutzen Hilfe angeboten hat. Jemand, der anderen Menschen wichtig ist und jemand von dem sie selbst in dem Moment beinahe abhängig sind.

Ich sehe das aber ähnlich wie du, man sollte solche Entscheidungen nicht übertreiben. Aber manchmal ist das schwer voraus zu sehen. Ich erinnere mich an ein DSA Spiel, bei dem wir alle irgendwelchen Haudraufs spielten und unser Meister war der Meinung uns mit einem harmlosen Feeenzauber zu konfrontieren. Wir waren alle abergläubisch und beschlossen das Artefakt zu zerstören. Das ging dem Meister gegen den Strich und er ließ das Teil eine sanfte Musik spielen, die einige der Spieler bezauberte... Naja  meine Thorwalerin und der Zwerg eines Freundes waren danach überzeugt, das es böses Hexenwerk ist und ich habe den Charakter meines damaligen Freundes in zwei Hälften geteilt, als er das Ding verteidigen wollte... Ein Abend den wir im Sinne des Friedens nie wieder erwähnt haben... :-D

EvE

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Re: Moralische Entscheidungen
« Antwort #3 am: 15. Januar 2016, 07:26:14 »
Also grundsätzlich sollte man vielleicht auch erwähnen, dass was auf dem Spieltisch geschieht, auch da bleiben sollte. Oft schon gab es heftige Streitereien unter meinen Charakteren. Zwischen den Wortgefechten kam dann aber auch mal (outgame) ein "reichst du mir mal die Tüte mit den Chips"  :D
Da ich zur Zeit sehr intensiv Warhammer spiele/leite, sehe ich die sensiblen Punkte eines DER vielleicht nicht so streng, da die Warhammerwelt ja an sich schon sehr brutal und ohne große Moral auskommt. "Ein Ketzer? Weg mit ihm! Das regeln wir gleich hier an Ort und Stelle. Gib mir mal deine Axt, Zwerg!"

Entscheidungen zu treffen, die einer gewissen Moral entsprechen, sollte man so gut wie gar nicht herbeiführen. Sie sie sind viel zu subtil, als könnte man die Entscheidungen der Spieler vorausahnen. Es spielen einfach zu viele Faktoren eine Rolle. Auch outgame und besonders outgame. Hatte ein Spieler zuvor einen Scheißtag, wird sich das garantiert auch auf seinen Charakter übertagen. Kein Mensch kann da rational bleiben.

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Soronume

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Re: Moralische Entscheidungen
« Antwort #4 am: 18. Januar 2016, 16:14:47 »
Das ist sicherlich richtig, aber gerade darum finde ich solche Entscheidungen wichtig und führe die Situationen in denen sie notwendig sind gerne absichtlich herbei. Sie geben den Spielern die Möglichkeit sich bewusst mit dem moralischen Grundsätzen ihrer Charaktere auseinander zu setzen und Entscheidungen zu treffen die dem Spielverlauf in eine ganz andere Richtung geben können. Da ich aufgrund mangelnder Spielleitererfahrung unbewusst dazu neige, meine Spieler sehr eng durch 'meine' Geschichte zu führen, zwinge ich mich gerne selbst mit solchen Situationen meinen Spielern die Richtung zu überlassen und es wieder zu unserer Geschichte zu machen.
Und das sich die Launen der Spieler niederschlagen, finde ich nicht negativ. Als Spieler schätze ich die Momente in denen ich anhand meiner eigenen nicht perfekten Reaktionen einen neuen Charakterzug an meiner Figur 'entdecke'

Bene

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Re: Moralische Entscheidungen
« Antwort #5 am: 26. Januar 2016, 01:02:34 »
Moralische Entscheidungen sollten vllt. nicht in jeder Spielsitzung thematisiert werden, gehören meiner Meinung nach dennoch zu den grundlegenden Themen, die sich oft aus den Situationen her ergeben. Und sie sind verdammt interessant zu beobachten ... als Spielleiter kann man sich da schonmal zurücklehnen und einfach lauschen, was die Spieler so von sich geben.

Aber du hast schon recht EvE: Man sollte vorsichtig damit umgehen, denn ich habe auch schon des öfteren erlebt, wie ein Spieler seine Alltagsprobleme mit in das Spiel genommen hat ... aber dann ist es eigentlich fast egal worum es in der Spielsitzung geht. Jemand der schlechte Laune hat wird vieles auf sich selbst projezieren und gereizt reagieren. Da kann man dann nur noch die Notbremse ziehen und das Spiel unterbrechen oder mit dem Spieler kurz reden, was denn genau das Problem ist ;).

Ansonsten kann ich nur sagen, dass moralische Entscheidungen immer sehr spannend sind, egal ob sie vom Spielleiter gewollt sind, oder sich einfach aus der Situation heraus ergeben.
@Soronume: Habt ihr denn schon weiter gespielt und wenn ja, wie ist es gelaufen?

Soronume

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Re: Moralische Entscheidungen
« Antwort #6 am: 27. Januar 2016, 00:17:51 »
Leider noch nicht und es ist auch noch nicht klar wann es weiter geht. Aber ich werde hier schreiben wie es gelaufen ist, wenn es Dich interessiert ^^

Bene

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Re: Moralische Entscheidungen
« Antwort #7 am: 27. Januar 2016, 15:23:33 »
Wäre cool, sowas ist schon spannend ^^.

Ich muss bis Ende Februar warten bis ich zum ersten Mal DER leite und von daher bin ich auf jeden Erfahrungsbericht sehr gespannt. Und dann werde ich wahrscheinlich auch nicht mehr so schnell eine Runde spielen können, weil meine Leute ziemlich auf DSA fixiert sind und wir sowieso nicht oft zum zocken kommen ... aber wer weiß, vllt. setzt sich DER auch durch :D