Im Rahmen einer Themenwoche habe ich mit meiner Gruppe innerhalb von 5 Tagen das Abenteuer "Die Macht von Angahiaa" gespielt. Alles in allem hat es sich dabei um eine sehr bereichernde Erfahrung gehandelt. Wir hatten mit dem Abenteuer viel Spaß. Es ist ein sehr anspruchsvolles Abenteuer, die vielzahl der Plots, die unmengen an NPCs, sodass es wirklich sinnvoll war, sich dem im Rahmen einer "intensiven" Rollenspielwoche zu widmen.
Mit von der Partie waren ein stinkreicher ehemaliger Offizier, ein Reporter, ein angehender Romanautor (latent sozialdemokratisch) und ein Universal-Wissenschaftler. Eine bunte Runde, die genau in das Abenteuer passte, sodass alle notwendigen Fertigkeiten mindestens einmal vorhanden waren. Gerade die stark ausgeprägten sozialen Fertigkeiten waren absolut notwendig für die ganzen Verhandlungen.
Die offen angelegten Plots haben meinen Spielern viel Freude bereitet und boten unterschiedlichen Charakteren ausreichend Möglichkeiten zu glänzen. Insbesondere die Figur des Arztes Amofaa hat sich schnell als zentraler NPCs etabliert. Mit den ersten paar Nebenquests und seiner medizinischen Kompetenz konnte er schnell das Vertrauen der Helden gewinnen und diente in der Folgezeit als wichtigster Ansprechpartner bei Fragen zur Marsianischen Kultur. Weitere prominente NPCs waren der Prinz (allein schon weil die Helden in seinem Palast untergekommen sind und zusätzlich auch wegen des engen Kontaktes zu ihm im Rahmen weiterer Nebenquests) und Giam (weil als besonders sympathischer und menschenfreundlicher Charakter etabliert wurde). Alle weiteren waren eher so Nebenfiguren. Schmoller ob seiner Zugriffsmöglichkeiten auf das Archiv war zwar wichtig, allerdings auch eher als Informationslieferant, denn als Person. Vitzhum wurde schnell aufs Abestellgleis befördert und im Heldenauftrag von wechselnden Personen (Eleonore, bezahlte Marsianer etc.) observiert um von seiner Seite keine Rachefeldzüge befürchten zu müssen (höhöhö). Die anderen großen NPCs der Stadt fielen eher farblos aus, was dann wohl auch dem Umstand geschuldet war, nicht mit jedem so viel Kontakt pflegen zu können (Anführer der Minengilde, Goldgilde und Priesterrat (wobei diese noch recht sympathisch ankamen, da sie einfach jede Heldenaktion begrüßten)).
Besonders lobenswert finde ich allerdings alle NPCs der "zweiten Reihe", also jene, denen generell nur kurze Auftritte beschert waren. Diese haben das Spiel wirklich imens bereichert. Der Japaner, der seine Dienste als Leibwächter anbietet hat die Gruppe gut unterhalten und im Kampf gegen das auf den Namen "Abflussmonster" getaufte Know Schuschu gut unterstützt. Ich habe ihn später Off-Screen von den Säuberern der Heimatscholle erschlagen lassen, um die Gefahr dieser Gruppierung verhorzuheben. Der Ungar, der den Salon der Marspioniere führt, hat vor allem mit seinen Waren, die unter der Theke verkauft wurden (Schnaps aus der Heimat und Erdenwaffen), gut in die Geschichte gepasst. Die beiden Kontaktpersonen der IPA, Mataab und Jaques, haben wunderbar polarisiert und so geholfen, den moralischen Kompass der Gruppe auszuloten.
Vom Questangebot habe ich alles, was im Abenteuer enthalten war, auf die Gruppe geworfen und geschaut, was meine Spieler annehmen. Erstaunlicherweise haben sie sich keiner Queste verschlossen. Das "Abflussmonster" wurde besiegt, hier gab es dann Überlegungen, den offenen Kanal einfach zu sprengen oder zuzumauern, statt (wie vorgesehen) die Schleuse zu schließen. Bei den Vertragsverhandlungen wurde sogar angeboten, eine Truppe deutscher Ingeniuere nach Emden zu schicken, die das Kanalisationssystem in Schuss halten und bekanntlich imun gegen die Bakterien sind. Wurde aber nicht in den finalen Vetrag übernommen. Das Rätsel der toten Flieger wurde schnell und souverän gelöst. Zu schnell, der englische Gesandte konnte von mir nichtmal als potenzieller Gegenspieler aufgebaut werden. Den Erfolg gönne ich meinen Spielern. Die IPA wurde nach anfänglichen Berührungsängsten unterstützt (zuerst hielt sich ein Teil der Gruppe raus, machte später dann doch mit). Die gesamte Questlinie wurde auf Seiten der Arbeiter absolviert. Der Offizier brachte sich zwischenzeitlich als Doppelagent auf Seiten der Polizei ein, was ich als sehr gelungene Idee empfand. Um ihre Idee eines gemäßigten Reformprozesses durchzusetzen, wurde diese Verbindung zur Polizei genutzt, um den Aufrührer Jaques an die Behörden zu verraten. Quasi ein Double-Douple-Cross. Nette Idee, am Ende diente sie als Begründung für die Razzia der Polizei im letzten Versteck. Somit hatten sich meine Spieler selbst ein Ei gelegt und mussten sich da rausschießen. Die Kommentare und Blicke am Spieltisch an den Doppelagenten waren grandios

Der Plot um Ganva hatte daneben weniger Farbe. Es gab außer dem Sektretär Leefas (der ja zurecht im Hintergrund bleiben sollte) keinen wieder auftauchenden NPC, der diesem Handlung etwas pfiff hätte geben können. Somit wirkten die drei Episoden aus spielersicht zusammenhanglos, endeten letztlich aber doch in der Absetzung Ganvas. Gerade hier hatten meine Spieler viele Diskussionen darüber, wie sehr man das Machtgeflecht Emdens beeinflussen sollte. Sie einigten sich darauf, als Fremde nichts am Status Quo ändern zu wollen.... warfen dann aber das über den Haufen und spielten letzten Endes durch ihre Rolle bei Giam, den Arbeitern, der Arina-Projektion Kingsmaker.
Die Expedition in die Mine war auch sehr unterhaltsam. Gerade die Möglichkeiten den Gegenspieler mit seinem enormen Heimlichkeitswert einzusetzen und die Angst vor dem Fluch der toten Augen vermittelten in dieser Episode eine spannende Stimmung. Von der Projektion wurden alle drei Teile abgespielt, was letztlich dazu führte, dass nach der Rückkehr der Sebituus Giam zum Prinzen gewählt wurde. Die Episoden "Verrat für das Reich" und das Bestechungsangebot des Prinzen waren nice to have, aber ansonsten nicht sonderlich erwähnenswert. Die finale Entführung Schmollers habe ich passieren lassen, diese ganze Handlung aber arg gekürzt. Nach der Mine (die eher wie ein Finale erschien als der Konflikt mit den Steppenmarsianern) hätte da jede weitere langwierige Auseinandersetzung irgendwie fehl am Platze und ganz und gar gewirkt. Eraabii war den Helden über Menger schon bekannt und so wurde das alles über kurze Verhandlungen gelöst. Im Austausch für das heilige dreifach gesegnete Strahlengewehr des Sebituus +3 (Bei seinem Leichnam gefunden) haben sie ihren Vorgesetzen freibekommen.
Der Handelsvertrag wurde mit 20% Goldqoute, 30% Flugholz und einer Einheit Militär im zweiten Anlauf knapp angenommen. Gerade hier haben sich die gelungenen Diplomatieproben ausgezahlt. Schwierig zu vermitteln war es allerdings, dass einige Fraktionen bei ihren Vorstellungen nicht nur Maximalbereiche bei den Quoten haben, sondern ihnen auch zur Schwächung anderer Parteien Mindesquoten vorschweben (Purimin und der Minengilde in Bezug auf die Goldquote, den Goonavals in Bezug auf die Flugholzqoute (da bin ich mir gerade nicht mehr so sicher?). Das lies sich trotz guter Proben nicht mehr aus den Aufzeichnungen meiner Spieler Rekonstruieren und führte am Spieltisch zu einigen frustrierten Stifte-auf-den-Tisch-schmeißen "Ach auch das noch, wie soll man die denn alle unter einem Hut bekommen". Hätte ich vielleicht bei den Verhandlungen aber auch stärker kommunizieren müssen.
Alles in Allem ein wunderbar offenes Abenteuer. Als alten DSA Spieler erfreute mich besonders der friedfertige Charakter des Settings, nicht jeder Konflikt ließ sich durch Gewalt lösen und der Finale Abschluss war kein fulminanter Endkampf sondern ein sozialer Akt, bei dem alle gewonnenen Informationen zusammengetragen werden musste. Das eröffnete ganz neue Sichtweisen auf Konfliktlösungsmethoden. Vier von Fünf Gummipunkte dafür!