Ein umstrittenes und aus meiner Sicht wichtiges Thema, deshalb will ich hier meine Meinung dazu abgeben:
Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Manche mögen die zunehmende Romanisierung von Myranor, andere nicht. Ich kann das Hauptargument dafür (bessere Vertrautheit und Verständlichkeit des Settings) nachvollziehen. Aber ich muss mich leider unter den Stimmen einreihen, denen das nicht gefällt.
Ich fand Myranor, wie es sich im Hardcover von 2006 präsentierte, einfallsreicher, exotischer und spannender. Klar, einen starken römischen Einfluss gab es auch dort bereits. Aber er wurde durch fremdartige Namen verschleiert und war mit Anleihen aus anderen Settings vermischt: griechische Elemente, asiatische, Steampunk usw. Dieser Mix war, wie ich fand, gut gelangen, und es wurde auch eine gute Balance zwischen Vertrautem und Fremdartigem getroffen. Bei
Unter dem Sternenpfeiler dagegen treten die anderen Elemente sehr in den Hintergrund und es dominiert völlig einseitig und erdrückend das römische Vorbild. Jetzt gibt es nicht nur Optimaten und Honoraten, sondern diverse andere eins zu eins von den Römern übernommene Begriffe: das Manipel, die Kohorte, die Legion, der Zenturio, der Tribun... Ich finde das ehrlich gesagt ziemlich uninspiriert und einfallslos.
Jetzt kann man natürlich sagen: "Sind doch nur Begriffe! Ist doch nur Semantik!" Aber ich finde, man sollte die Macht der Semantik nicht unterschätzen. Der Trick des HC, eigentlich bekannte Dinge mit exotischen Namen zu verschleiern und dadurch exotischer wirken zu lassen, hat durchaus gut funktioniert. Er hat, wie ich schon schrieb, eine Balance aus Vertrautem und Fremdartigem erzeugt. In UdS wurde die Balance dagegen so weit in Richtung des Vertrauten verschoben, dass das Setting nicht nur vertrauter, sondern fast schon altbacken wirkt.
Zitat von Tabuin aus einem
anderen Thread:
Dafür haben die neu eingeführten Begriffe den großen Vorteil, dass die Anzahl der fragenden Gesichter bei Spielrunden deutlich weniger geworden sind. Nicht zuletzt durch historisierende Kinofilme und die Comics von Asterix sind viele der Begriffe bekannt und erleichtern das Spielen im myranisch militärischen Umfeld erheblich. Das konnten die früheren Begriffe schlichtweg nicht leisten. Da ging vermeintliche Exotik massiv auf Kosten der Verständlichkeit. Das wurde geändert.
Bösartig könnte man sagen: das Setting wurde absichtlich weniger anspruchsvoll gemacht ("dumbing down"), damit sich auch Spieler zurechtfinden, die nur Asterix und
Gladiator kennen. Wie gesagt, ich kann das Argument nachvollziehen. Es erhöht sicher den Mainstream-Appeal der Spielwelt. Aber es geht halt leider einiges von der (nicht nur vermeintlichen) Exotik und Eigenständigkeit verloren, die Myranor vorher ausgezeichnet hatten.
So, genug gemeckert. Wie gesagt, das ist letztlich Geschmackssache, und das hier Geschriebene ist auch nur meine persönliche, ganz subjektive Meinung. Es gibt auch Vieles an UdS, das mir gut gefällt. Der Band ist schön geschrieben und aufgemacht, und es ist offensichtlich, dass viel Herzblut drinsteckt. Ich finde es halt nur schade, dass das römische Vorbild mittlerweile so erdrückend ist und die anderen Elemente dagegen so zurückgetreten sind. Ich würde mir wünschen, dass Myranor in Zukunft wieder bunter, eigenständiger und exotischer wird.